Es ist Gründonnerstag, 07:30Uhr und ich werde von meiner Mutter abgeholt und an den Bahnhof gefahren. Endlich ist es so weit: Ich fahre wieder nach London.
London ist meine Lieblingsstadt. Die einzige Stadt, in der ich mich wohlfühle. Sonst bin ich tatsächlich ein typisches Landei. Natürlich meide ich auch in London volle Plätze und besuche die „Touristen“-Schauplätze nur früh morgens, wenn alle noch schlafen, aber trotzdem fühle ich mich in dieser Stadt wohl. Jedesmal, wenn ich Großbritannien betrete, ist es für mich wie Heimkommen. Ich liebe dieses Land einfach.
Und nun sitze ich am Gründonnerstag im Zug in Richtung London. Es geht über Mainz, Köln und Brüssel weiter durch den Eurotunnel nach London.

Am Tag vorher habe ich meine Periode bekommen und leide somit an Krämpfen und extremer Gender Dysphoria. Ich beschließe jedoch, mir die Reise davon genauso wenig vermiesen zu lassen wie von meinem rechten Fuß, den ich mir 2 Wochen zuvor bei einem Sturz verletzt habe (Außenbandzerrung mit Teilruptur und Bone Bruise).
In London St Pancras angekommen, nehme ich die Tube zu meinem Hotel. Die nahe liegenden Stationen sind Aldgate und Tower Hill. Ich entscheide mich für Tower Hill und genieße den kurzen Fußweg bis zum Eingang.

Nach dem Einchecken nehme ich den Aufzug zu meinem Zimmer – 14. Stock! Normalerweise vermeide ich Aufzüge und steige lieber Treppen, aber das kann ich meinem verletzten Fuß noch nicht antun. Also werde ich das Wochenende nutzen, um Aufzug fahren zu üben.
Mein Zimmer ist klein, hat 3 riesige Fenster mit Blick auf die Stadt und ein schönes, sauberes Bad. Auch das Personal an der Rezeption ist freundlich. Ich packe aus, desinfiziere alles, was ich wichtig finde und hüpfe noch einmal schnell raus, um mir im nahe gelegenen Supermarkt Wasser zu kaufen. Wieder zurück im Zimmer gönne ich mir eine ausgiebige Dusche, kuschle mich ins Bett, esse und trinke und genieße den Ausblick.




Freitag wache ich ausgeschlafen auf, esse etwas, nehme meine Medikamente, ziehe mich an und schnappe mir meine Spiegelreflexkamera, um endlich einmal London zu fotografieren (Die Fotos gibt es bald auf meinem Reiseblog zu sehen). Obwohl ich schon oft in dieser Stadt war, habe ich doch nie richtig hier fotografiert. Warum weiß ich selbst nicht so genau…

Danach trinke ich einen Kaffee bei Costa Coffee, gebe zu viel Geld für Kitsch in Gift Shops aus, sitze eine Weile am London Eye und beobachte Touristen. Auf dem Rückweg gönne ich mir einen veganen Bagel von der Bagel Factory und kaufe noch etwas Obst und Gemüse zum Abendessen ein. Zurück im Zimmer lagere ich meinen Fuß hoch, da er mir die viele Lauferei doch etwas übel nimmt und genieße meinen gesunden Abend-Snack.

Eines der Dinge, die ich im Gift Shop gekauft habe, sind Gummi-Armbändchen, die ich als Skill nutzen möchte, vor allem bei Dissoziation und SVV Drang. Ansonsten habe ich Mitbringsel eingekauft sowie einen Hoodie und eine Jogginghose für mich.

Samstag ist großer Expositions-Tag. Ich habe mir vorgenommen zum Friseur zu gehen, da meine Haare auch Gender Dysphoria verursachen. Meine soziale Angst schreit natürlich vor Verzweiflung. Den Friseurbesuch haben wir in der Therapie gut vorbereitet und doch bin ich Samstag morgen sehr antriebslos und komme nur mit Mühe überhaupt aus dem Bett.
Ich gebe mir einen festen Tritt in den Hintern, ziehe mich an und mache mich auf dem Weg zu einem Friseur, bei dem man keinen Termin braucht, im Surrey Quays Shopping Center. 10 Minuten vor Ladenöffnung bin ich da und es stehen schon 2 Personen Schlange. Trotzdem komme auch ich ohne Wartezeit dran und lasse mir meine Haare endlich wieder kurz schneiden. Ich habe das kleinste Paket gewählt, nur Schneiden ohne Wäsche, zahle £14.95 und bin nach 20 Minuten wieder draußen.

Als ich rausgehe, bin ich stolz, dass ich meine Angst überwunden habe und fühle mich auch wieder wohler. Endlich sind die Haare kürzer, die Gender Dysphoria ein wenig besser und ich kann wieder einigermaßen in den Spiegel schauen.
Ich hüpfe noch schnell in den Tesco Supermakt, um Schokolade für meine Mom zu kaufen, die ich anschließend kurz ins Hotel bringe, um gleich danach wieder Richtung Piccadilly Circus zu fahren. Dort verbringe ich einige Zeit in einem meiner Lieblingsbuchläden – Waterstone’s – und kaufe mir unter anderem ein veganes Kochbuch sowie eine Book Nerd Tasche.

Auf dem Weg zurück ins Hotel mache ich Halt bei der Bagel Factory und gönne mir noch einen veganen Bagel.

Im Hotel färbe ich meine frisch geschnittenen Haare, dusche, esse und entspanne mich.
In der Nacht zum Sonntag plagen mich Albträume und ich wache mit Kopfschmerzen auf. Auch die Antriebslosigkeit ist wieder da und so liege ich noch ein bisschen im Bett bevor ich mich auf mache, um durch den Regent’s Park zu spazieren und die Aussicht von Primrose Hill zu genießen.






Dort zu sitzen mit Blick auf die Stadt ist wie Meditation für mich. Ich fühle die Ruhe und schalte einfach mal ab. Einfach nur SEIN.
Auf dem Weg zurück zur Tube, schicke ich die versprochenen Postkarten an meine Familie und meine beste Freundin ab. Zurück am Hotel entscheide ich mich noch einen kleinen Abstecher zum Starbucks um die Ecke zu machen. Dort bestelle ich zum ersten Mal auf den Namen Sam und es fühlt sich toll und richtig an.

Den Rest des Nachmittags verbringe ich damit, ein paar Time Lapses aufzunehmen und zu entspannen.

Montag schlafe ich aus, packe, räume das Zimmer auf und mache mich leider schon wieder auf den Weg nach Deutschland. Über Brüssel geht es nach Frankfurt, wo mich meine Mutter in Empfang nimmt und wir die restliche Strecke mit dem Auto zurück legen.
Zu Hause angekommen packe ich aus, gebe meiner Mom ihre Schokolade und falle nach einer entspannenden Dusche müde ins Bett.
Tschüß London, bis zum nächsten Mal!
Kommentar verfassen